MKV gewinnt Preis

Preisverleihung

Der Ort: die K Messe in Düsseldorf. Das Datum: der 8. Oktober 2025. In Halle 7a am Stand von TecPart e.V. wurde der 20. TecPart-Innovationspreis vergeben. In den Kategorien Spritzgussteile, Thermoformteile und erstmalig in der Kategorie Nachhaltigkeit wurden Firmen für herausragende technische Kunststoffprodukte geehrt.

Gewinner der Kategorie Nachhaltigkeit war das Projekt-Konsortium aus Bosch Power Tools (PT), MKV und HolyPoly.

Ausgezeichnet wurde das Produkt Schlagbohrmaschine UniversalImpact 800 Closed Loop Edition von Bosch PT. Eine einzigartige Leistung, die Pionierarbeit darstellt.

Die Geschichte dazu zeigt wie Wille und Teamarbeit die Grenzen des Machbaren verschieben können.

 

Der Anfang

Im Herbst 2021, noch zu Hochzeiten der Corona-Pandemie, dachte Kai Zies, Geschäftsführer der MKV, dass es doch schade ist, dass der hochwertige Kunststoff, der in PowerTools steckt, am Ende einfach verloren geht.

MKV, führend im mechanischen Recycling von technischen Kunststoffabfällen und der Herstellung von Compounds auf Rezyklat Basis, ist stark im Bereich der Polyamide. Als Lieferant für die E&E-Industrie war der Fokus auf dem in Power Tools ruhenden Potential für Polyamid 6 (PA 6) – post consumer recycled (PCR) PA6.

Denn der Großteil der Kunststoffe aus dem WEEE landet in der Verbrennung. Dieses Potential an Polyamid 6 und die intensiver werdenden Diskussionen und Anfragen rund um Post-Consumer Recycling (PCR), und Rezylate die aus post-consumer Quellen stammen, befeuerten die Gedanken zum Recycling von Kunststoffen aus dem WEEE-Materialstrom.  Denn PCR-Material war und ist im Bereich der technischen Kunststoffe immer noch Mangelware. Zuverlässige, konstante PCR-Quellen gibt es kaum. Recycletes Polyamid ist bisher nur aus Post Industrial Recycling (PIR) zuverlässig zu erhalten und hauptsächlich in der Farbe schwarz. Mit PCR Polyamid ließe sich somit eine Lücke am Markt schließen.

Der finale Auslöser war ein Schweizer Taschenmesser – das einzige Überbleibsel aus einem längst vergessenen Projekt von vor über 20 Jahren. Bereits damals widmete sich Bosch dem Thema „Ende des Produktlebenszyklus“. Das Gehäuse dieses Taschenmessers ist aus recycelten Gehäusen von Power Tools hergestellt worden. Die Unterlagen und Ergebnisse zu dem Projekt sind verschollen.

Wie kann man dieses Potential heben und den Materialstrom aus dem WEEE erschließen? Mit dieser Frage wandte sich Kai Zies an Fridolin Pflüger und das Team von HolyPoly. Denn es war klar, dass es Unterstützung bedarf. So wurde das Projekt #Powermining ins Leben gerufen.

 

Luftschloss oder kann das funktionieren?

Der nächste Schritt war es eine Marktrecherche durchzuführen, um herauszufinden, ob Post Consumer Power Tools als neue Quelle für technische Kunststoff-Abfälle erschlossen werden können. Es ging darum ein genaues Verständnis der Herausforderung und möglicher Ansatzpunkte im Stoffstrom zu erlangen und wie eine Demontage und Trennung von technischen Kunststoffen funktionieren kann.

Wie funktioniert das aktuelle WEEE-Recycling? Es stellte sich heraus, dass im derzeitigen WEEE-Recycling enthaltenen Kunststoffe (vornehmlich PA6 & PC-ABS) als Störstoffe behandelt und aufgrund ihrer im Bezug zum Gesamtmaterialstrom Elektro geringen Menge nicht positiv aussortiert und daher nicht hochwertig recycelt werden.

Verschiedene Recyclingprozesse wurden betrachtet und der vielversprechendste ausgewählt, entlang dessen Prozessschritten recherchiert wurde. Es wurde mit Experten und Expertinnen gesprochen und vor Ort Besuche durchgeführt.

Schnell wurde vieles über die Bauweise von Powertools gelernt; welche Kunststoffarten neben dem Polyamid 6 anfallen und was deren Anteil ist aber auch welche Fügetechniken angewandt werden. Ist das Recycling teil- oder vollautomatisiert realisierbar? Es wurde auch betrachtet, welche Trennmethoden state-of-the-art sind um zum Beispiel dem besonderen Risiko von halogenierten Flammhemmer und Schwermetallen wie Cadmium, Blei oder Quecksilber in Altgeräten zu begegnen. Sie gefährden den erfolgreichen Recyclingprozess, weil sie eine ganze Charge verunreinigen können.

Was sind die Materialströme? Hier haben unter anderem Informationen der Stiftung EAR aus der Kategorie 5 – Kleingeräte – weitergeholfen. Anschließend galt es zu klären: Wie lassen sich solche Kleingeräte mit technischen Kunststoffen, insbesondere Power Tools, isolieren und raustrennen, um den Materialstrom so zu optimieren, dass man eine kritische Masse erlangt?

Viele wichtige Erkenntnisse wurden gesammelt von der Produktion und Verwendung bis hin zur Demontage und Schadstoffprüfung.

In einem gemeinsamen Prioritätenworkshop zwischen MKV und HolyPoly Im März 2022 im HolyPoly HQ in Dresden wurden anschließend eine Reihe von kritischen Annahmen getroffen, welche als Hypothesen für die Validierung des detaillierten Recyclingprozess im Rahmen einer Prototypen-Phase dienen sollten. Eine Garantie gab es nicht, aber das Fazit der bis dahin gesammelten Ergebnisse lautete: Ausprobieren!

 

Projekteintritt OEM – Bosch Power Tools (PT) kommt an Bord

Schon während des Prioritätenworkshops war die Überlegung idealerweise einen OEM für das Projekt #Powermining gewinnen zu können.

Im August 2022 war es dann so weit und Bosch PT konnte für das Projekt gewonnen werden und seitdem wurde das Thema unter Führung von Bosch PT im Dreierverbund vorangetrieben.

Auf den Prioritätenworkshop folgte die Machbarkeitsstudie und Potentialanalyse. Die Zielsetzung entwickelte sich schnell weiter und wurde auf das nächste Level gehoben. Das Ergebnis sollte nicht mehr nur ein PCR PA 6 werden, sondern ein PA 6 in Bosch Grün, in einer Materialgüte, um das erste Closed Loop Power Tool in 2025 auf den Markt zu bringen. Closed Loop Recycling ist die Königsdisziplin des Recyclings, d.h. das Material kann qualitativ so hochwertig zurückgewonnen werden, dass es für die gleiche oder eine ebenbürtige Anwendung wiederverwendet werden kann. Ein solches Ergebnis in Sachen Power Tools würde Bosch PT zu einem weltweit führenden Vorreiter in Sachen Kreislaufwirtschaft katapultieren!

Die groß angelegte Machbarkeitsstudie erforschte die wirtschaftliche und technische Machbarkeit eines separaten Materialrückgewinnungsweges für technische Kunststoffe aus Altgeräten deutlich umfangreicher als der bisherige Pilot.

Neben dem Testen verschiedenster Trenn- und Sortierverfahren, Überprüfung mehrerer Material Chargen auf ihre Eigenschaften Markenfarbe, Schlagfestigkeit oder Zugfestigkeit wurden vor allem umfangreich Daten gesammelt, um die zuvor aufgestellten Hypothesen zu bestätigen oder zu widerlegen.

Es wurden weitere Interviews mit Experten/-innen geführt und Hands-on Versuche gemacht, wobei tausende Tools untersucht und eine Vielzahl an Datenpunkten erfasst wurden. Das war sehr wichtig, da es große Unterschiede zwischen Tool-Typen, Marken (Bosch, Makita, Hilti, DeWalt, etc.) und zwischen Baujahren gibt.

Zusätzlich konnte eine allgemeine, repräsentative Datenerhebung zur End-of-life Realität in Deutschland erstellt werden. Nur mit einem tiefgehenden Verständnis für die Sammlung und Weiterbehandlung von Elektrokleingeräten, und dem Zusammenspiel aus Erstbehandlern, Sammelstellen der Kommunen (z.B. Wertstoffhöfe) und direkt vom Handel kann auch die Frage nach dem Sourcing für die Power Tools beantwortet werden; wie kommt man an die Power Tools ran? Eine essenzielle Frage, ohne die alle nachgelagerten Schritte, wie Identifikation, Zerkleinerung, Reinigung, Feinsortierung, Schadstoffprüfung, Compounding und Spritzgussfertigung nicht funktionieren. Teil der Machbarkeitsstudie war selbstverständlich auch die Herstellung von einigen Tonnen Rezyklat. Die Fertigung und Analytik im hauseigenen Labor hat MKV bei sich am Standort in Beselich übernommen. Es wurden neben schwarz und grün auch noch andere Farben gefertigt und getestet. Wichtig war dabei immer eine klare Prozessführung zu gewährleisten, um qualitativ das bestmögliche am Ende herauszubekommen.

 

Das Resultat – Gehäuse aus 78% Rezyklat

Das Team aus Bosch PT, HolyPoly und MKV hat sich super ergänzt und durch seine volle Kompetenz es geschafft trotz Kontaminationen (fest anhaftende Stoffe wie Beton, Farbe, Klebeband, etc. und Fett), sowie Degradationen aus Nutzungsphase und Recyclingprozess ein Output-Material in Form von Rezyklat zu erzeugen, dass die gleichen qualitativen Anforderungen erfüllt an:

• Mechanische Eigenschaften
• REACH- und RoHS-Konformität
• Verarbeitung Anwendung in der Serienproduktionslinie
• Bestehende Material und Produkttests
• Marken Farbe (Bosch Grün)

So war es möglich den zurückgewonnenen Kunststoff in eine gleiche Anwendung zurückzuführen und das Projektziel zu erreichen!

Das Gehäuse der Schlagbohrmaschine UniversalImpact 800 Closed Loop Edition besteht zu 78% aus recyceltem Kunststoff. Das Gehäuse in Bosch grün und der schwarze Griff sind zu 100% aus recyceltem Kunststoff. Der Ersatz von Neukunststoffen durch mechanisch recycelte Alternativen spart erhebliche Mengen an Emissionen ein. Neues PA6-GF hat einen der höchsten CO2-Fußabdrücke unter den technischen Kunststoffen: Reduzierungen von 90 % und mehr sind möglich. Die 22% Kunststoff, welche nicht kreislaufgeführt sind, stecken in Komponenten wie Schalter, Bohrfutter und Softgrip. Diese bestehen aus anderen Kunststoffarten oder waren anders gefärbt.

Das Projektergebnis ist einzigartig und alles andere als eine Selbstverständlichkeit. Das Projekt hat Neuland beschritten. Es gab keine Erfahrungen oder Ergebnisse auf die man hätte zurückgreifen können. Einzig ein Taschenmesser als Erinnerung, dass es schon einmal probiert wurde, aber eine Vision war, die seiner Zeit damals voraus war. Der ganze Prozess wurde von TÜV SÜD begleitet und zertifiziert.

Angesichts weiterer Regulatorik auf europäischer Ebene ist es wichtiger denn je, bei Rezyklaten Weitsicht walten zu lassen und Lieferketten und Materialversorgung durch die Erschließung neuer Materialströme zu sichern

MKV freut sich mit seinen Projektpartnern Bosch PT und HolyPoly über die Auszeichnung des TecPart Innovationspreis in der Kategorie Nachhaltigkeit und hofft auf viele weitere Anerkennungen für dieses großartige Projekt.

Die Schlagbohrmaschine UniversalImpact 800 Closed Loop Edition ist ab Anfang November 2025 in Baumärkten von OBI zu erhalten. Kai Zies hat schon die ersten Modelle gekauft und wir zwei davon unter den Mitarbeitern der MKV verlosen.

 

Offizielle Bosch Pressemitteilung hier.

Offizielles Projektvideo auf dem Bosch PT Youtube-Kanal hier.

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